Ein VIP Backstage-Pass für Service Designer

Customer Experience Maps mit Service Design Blueprints: Ein System zum Teilen von Erkenntnissen, Ressourcen und Know-How. Das Ganze basierend auf einigen (hier​ zusammengefassten) Reden von UX London 2019​ und den «Joining the Dots»-Gesprächen mit anderen Teilnehmenden bei Kaffee, Shepherd’s Pie oder Adams Ease Up IPA.

Ausgangslage

In einem gemütliche Restaurant mit Blick auf Themse und Canary Wharf habe ich vor ein paar Wochen einen Blogbeitrag mit Thema Bäume umarmen – Erfahrungsbericht eines Experience Designers fertiggeschrieben und veröffentlicht. Darin habe ich unter anderem behauptet CX, UX und Service Design seien im Grunde dasselbe, denn sie haben die gemeinsame Absicht das Business durch Kunden-/Nutzerzufriedenheit zu steigern. Dann ging ich an die User-Experience-Konferenz UX London und merkte: So pauschal möchte ich das nun doch nicht mehr behaupten.


In einem kleinen Startup wird es so sein, dass Research, CX, UX und Service Design alle von derselben Person erledigt werden. Diese Person wird nicht in Rollen denken, sondern einfach das Gesamtkundenerlebnis im Auge behalten und dort den Hebel ansetzen, wo der grösste Bedarf besteht. Eine einzelne UX-Designerin in einem grossen Unternehmen mit tiefer Design-Maturität wird sich gegebenenfalls, mangels Peers, ebenfalls allen Bereichen widmen, aber nur dort, wo sie auf offene Ohren stösst, eine positive Veränderung bewirken können. Sie wird es schwer haben, die richtigen Ansprechpartner zu finden, um Änderungsvorschläge aus ihren Nutzer-Beobachtungen anzubringen. Sie wird Mühe haben, Unterstützung für ihre Themen zu erhalten und wenig Perspektiven haben, sich in der Organisation als Designerin weiterzuentwickeln.


Organisationen ohne Design-Maturität werden auch Schwierigkeiten haben den Wert von UX, CX und Service Design zu quantifizieren. Unsere Welt – und im Speziellen die Welt grosser Unternehmen – wird von Daten und Zahlen regiert, auch wenn vor allem zufriedene Kunden unsere Löhne zahlen. NPS kann ein Indikator sein, ist jedoch als Steuerungselement fürs Detail ungeeignet. Wir streben nach einem einfachen Kundenerlebnis und müssen die ganze Komplexität im Hintergrund im Griff haben. Als Designer kann ich nun versuchen, im Interesse von Firma und Kunden die ganze Kundenerlebniskette, alle die dazu beitragen und die Wirkung der Marke am Markt im Auge zu behalten und diese Erkenntnisse teilen (Sharing is Caring) – oder ich mach einfach nur meinen Job (Don’t Care, Won’t Share). Hier versuche ich mehr Klarheit zu schaffen, um «Sharing is Caring» zu fördern.

Service Design – Wie im Theater

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In Service Design unterscheiden wir zwischen Front Stage und Back Stage:

  • Front Stage: Was Kunden erleben, und wie es ihnen dabei geht.
  • Back Stage: Was hinter der Bühne – für Kunden meist unsichtbar – geschehen muss, um Kunden Wert zu liefern und wie es den Unternehmen und ihren Mitarbeitenden dabei geht.

Die Customer/User Experience Journey Map – Kunden-/ Nutzer-Erlebniskette

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Es gehört zur Aufgabe von User Experience-Designern und Customer Experience-Designern zu ermitteln, welchen Wert ein Produkt und/oder ein Service Kunden bietet und festzustellen, wo Bedarf besteht, Kunden das Leben einfacher zu machen und sie wo möglich zu begeistern. In der User Experience Journey Map werden die einzelnen Schritte festgehalten, die Kunden im Umgang mit einem Produkt/Service durchlaufen. Mittels Kundenbefragungen wird darin der Begeisterungsgrad der Kunden festgehalten.

Service Blueprint

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So eine Customer Experience Journey Map mit Service Blueprint kann ganz schön gross und unübersichtlich werden. Es macht durchaus Sinn, die Komplexität für ein Team zu reduzieren indem man den passenden Ausschnitt wählt und eine Sub Experience Map mit Service Blueprint erstellt. Allenfalls macht es auch Sinn, Sub Journey Maps zu erstellen, wenn Kunden unterschiedliche Möglichkeiten haben, ihr Ziel zu erreichen; zum Beispiel, wenn sich die Mobile Experience von der Desktop Experience unterscheidet. Werden mit einem Service unterschiedliche Kundensegmente angesprochen, können diese ebenfalls durch Sub-Experience-Maps dargestellt werden.

Mehrere Experience Maps mit Service Blueprint zusammenführen

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Für grosse Organisationen wäre es sinnvoll, die verschiedenen Customer Experience Journey Maps in ihrer Abhängigkeit darzustellen. Daraus ergibt sich:

  • Bessere Übersicht der Kundenerlebnisse
  • Erkennen von Doppelspurigkeiten und bessere Nutzung von Synergien
  • Mitarbeiter können besser erkennen, wo und in welchem Kontext sie tätig sind und was rundum läuft, beziehungsweise welche Abhängigkeiten aus technischer, sowie aus Sicht der Kundenerlebnisse bestehen.

Für eine Organisation, die Kundenorientierung zum Ziel hat, können Experience Journey Maps mit Service Blueprint als Steuerungsmittel genutzt werden.

  • Wodurch zeichnet sich ein Bereich aus, bei dem es gut läuft?
  • Können daraus Massnahmen abgeleitet werden, die auf andere Bereiche angewendet werden können?

Ich gehe davon aus, dass wir bei folgenden Themen Hinweise zu Optimierung erarbeiten können:

  • ​Aufstellung und Besetzung von Teams / Rollen und Verantwortungen
  • Organisation und Gestaltung der Touchpoints
  • Features – Anzahl, Funktion
  • Arbeitsmethodik
  • Prozesse


Die grosse Frage hier lautet: Wie können wir diese Komplexität möglichst einfach und für alle zugänglich darstellen?

Design vernetzen

Was nützt dies nun einer Organisation, die ihre Design-Maturität erhöhen will?
Durch Korrelation zwischen Kundenzufriedenheit und denjenigen Mitarbeitenden, welche diese Kundenerlebnisse gestalten, sehen wir, welche Design-Teams am meisten Mehrwert liefern.

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Wir könnten also:

  • Teams, deren Kundenerlebnisse mangelhaft sind, Designer aus Teams zur Verfügung stellen, deren Kundenzufriedenheit sehr hoch ist um:
    • Mit mehr Ressourcen bessere Ergebnisse zu erzielen
    • Schwächeren Teams zu mehr Seniorität zu verhelfen
    • Teams, in denen Skills fehlen, entsprechend zu ergänzen
    • Homogenität in den Kundenerlebnissen zu fördern
  • Designer untereinander besser vernetzen, um:
    • voneinander zu lernen
    • schnell die richtigen Ansprechpartner zu finden, um Optimierungen voranzutreiben

Leade​rship

Irgendwie muss das Ganze natürlich koordiniert werden. Es braucht eine Stelle, wo die Fäden zusammenlaufen. Ein Modell wäre die Schaffung der Rollen Design Manager, Service Design Lead (und Research Manager). Vielleicht kann es auch eine Gilde, eine Produkt-Management-Stelle oder eine Stelle im Portfolio Management sein?

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Service Design Leadership umfasst:​

  • Erstellung von Service-Design-Konzepten
  • Leitung von mehreren oder komplexen Services
  • Mentoring und Führung von Service Designern
  • Ausarbeiten und Leiten der Richtungsvorgaben
  • Qualitätssicherung
  • Erarbeitung eines durchgängigen Service-Erlebnisses
  • Koordination von Teams​

Design Management bedeutet:

  • Verantwortung über Design-Teams
  • Koordination mit Produkt-, Vertriebs- oder Marketingteams
  • Sicherstellen eines durchgängigen Nutzererlebnisses

…und was ist mit CX?

Fügt man Customer Experience dazu, entsteht ein Mantel um die Tätigkeiten in den Bereichen Design- und Service-Design.

Kürzlich bin ich über diese Grafik gestolpert:

Quelle:medium.com > service-design-without-design-thinking-approach

Gemäss dieser Grafik beinhaltet CX auch UX und den Löwenanteil von Service Design. Im Umkehrschluss heisst dies: UX ist immer auch CX und Service Design ist mehrheitlich CX. SD und UX sind also immer auch ein Kundenerlebnis. So ist auch hier ein Abgleich zwischen UX – CX und SD vorteilhaft und eine klare Übersicht von grossem Nutzen:

  • CX-Designer wissen genau, wo die Brand Message nicht mit Service oder Produkt übereinstimmt und wen sie ansprechen müssen
  • UX- und Service-Designer kennen die CX-Ansprechpartner und können ihre Beobachtungen in Bezug auf das, was ihren Kunden wichtig ist und wie sie ticken, weitergeben, damit es in die Gestaltung der Wahrnehmung der Marke einfliessen kann.
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Die Rollen laufen fliessend ineinander über. Es gibt viele Stimmen im professionellen Umfeld, die fordern, dass UX und CX (und Service Design) zusammengeführt werden. UX-Designer und CX-Designer verwenden mehrheitlich dieselben Methoden und haben das gleiche Ziel. So macht es Sinn, dass sie mindestens organisatorisch zusammengeführt werden. Eine Differenzierung von CX, UX und SD ermöglicht natürlich trotzdem ein Abbild von Verantwortlichkeiten und Skills, was wiederum ganz nützlich ist.

Customer Experience und Business

Zuletzt wäre es natürlich auch spannend, wenn wir Kosten und Einnahmen in direktem Bezug zu Kundenerlebnissen setzen können, um herauszufinden, ob Investitionen an den richtigen Stellen getätigt werden.

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  • Die Organisation und Steuerung von quer durch die Organisation verteilten UX-, CX- & Service-Designern,
  • die Definition und Umsetzung von Strategien zur Erreichung einer höheren Design-Maturität,
  • die Darstellung und Aktualisierung von Customer Experience Journey Maps mit Service Blueprint über ein ganzes Unternehmen hinweg,

… das ist nichts anderes als eine Design Aufgabe.

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