Disney und die bessere Design-Organisation

Jared Spool illustrierte 2019 an der UX London, anhand des Beispiels von Disney, was es bedeutet Design-Maturität zu erlangen.

Beyond The UX Tipping Point – Jared Spool (Center Centre)

1997 hat die Disney-Webseite so ausgesehen:

Das Design war so schlecht, dass 20 von 100 Nutzern beim Buchen eines Hotels in Disneyworld (Florida) ihr Zimmer im 4’000 Kilometer entfernten Disneyland (Kalifornien) gebucht haben. Disney hat in dieser Zeit hunderte von erstklassigen Hotelzimmern bereitgehalten, weil sie dies günstiger kam, als die Webseite zu korrigieren.

Seit 2014 hat Disney das “Magic Band”. Es hat 1’000’000’000 $ ( ja, es sind wirklich 9 Nullen) in der Umsetzung gekostet und war innerhalb von einem Jahr amortisiert. Damit wird für Essen und Shopping in den Disney-Parks bezahlt. Interaktionen zwischen Disney-Charakteren und den jungen Besuchern werden verbessert und natürlich misst Disney damit auch die Bewegungen und das Verhalten ihrer Besucherströme.

Wie wird Design-Maturität erlangt?

Kompetenzstufenentwicklung bei Individuen

  • Unbewusste Inkompetenz: Die Person liefert schlechte Resultate, ohne davon Kenntnis zu haben.
  • Bewusste Inkompetenz: Die Person ist sich bewusst, dass sie schlechte Resultate liefert
  • Bewusste Kompetenz: Die Person folgt definierten Prozessen, um gute Resultate zu liefern.
  • Unbewusste Kompetenz: Die Person liefert intuitiv gute Resultate.


Kompetenzen verbessern:

  • Kenntnisse: Um bewusste Inkompetenz zu erlangen, braucht es detailliertes Wissen darüber, was gute Qualität von schlechter Qualität unterscheidet.
  • Gewandtheit: Um bewusste Kompetenz zu erlangen braucht es wiederholtes Üben, um gute Qualität zu liefern.
  • Beherrschung: Unbewusste Kompetenz bedingt ein umfassendes Wissen und handwerkliches Können, um intuitiv gute Qualität liefern zu können.

UX Kompetenzentwicklung bei Organisationen

  • Kein UX Design – Keine Ressourcen für Design. Alle Ressourcen werden für Technik und Business eingesetzt
  • Punktuelles UX Design – Gelegentliche UX-Projekte mit limitiertem Erfolg
  • UX Design als Service – Ein UX-Team wird bei Bedarf in Projekte involviert
  • Eingebettetes UX Design – Projektteams holen sich ihre eigenen UX-Ressourcen
  • Assimiliertes UX Design – Jedes Mitglied des Projektteams verfügt über Design-Fähigkeiten

Disney hat also 17 Jahre gebraucht, um sich von “kein UX-Design” hin zu “assimiliertem UX-Design” zu entwickeln.


Wie sieht nun die Realität in Organisationen aus?

  • In einer Organisation befinden sich Teams in unterschiedlichen Wachstumsstadien.
  • Teams setzen sich aus Menschen zusammen, die sich die in unterschiedlichen Wachstumsstufen befinden.
  • Das Team befindet sich auf der Wachstumsstufe ihres schwächsten Mitgliedes.

Wachstumsphasen des Marktes:


Technologie > Features > Experience > Grundbedürfnis

Ziel ist das Nutzererlebnis so gut zu gestalten, dass sich das Produkt zu einem Grundbedürfnis entwickelt. Jared nennt dies den UX Tipping-Point, den Kipp-Punkt: Dieser ist, wenn eine Organisation Produkte zurückhält, weil sie nicht “richtig designed” sind. Assimiliertes UX-Design bedingt technische Funktionalität, Erzielung von Business Erfordernissen und ein sehr angenehmes Design.

Wie wird eine Organisation Design getrieben?

Nicht durch das Festlegen von Design-Prozessen!

Jared bringt das Beispiel eines Fussballspieles. Hier sei auch nicht festgelegt, dass Spieler 8 in Minute 12 nach einem Pass von Spieler 4 ein Tor schiesst, weil dies letztes Mal so gut funktioniert hat. Beim Design von Produkten sei dies nicht anders. Statt starre Design-Prozesse einzuführen, die Umständehalber immer wieder umgangen werden, schlägt Jared das Konzept von “Plays” – von Spielzügen – vor. Systeme, die so gestaltet sind, dass sie flexibel bleiben und an die jeweilige Situation adaptiert werden können. Er beruft sich wieder auf das Verbessern der Kompetenzen anhand des oben genannten Modelles.


Systeme zum Fördern der Design-Kompetenzen:

  1. Um UX-Kenntnisse zu erreichen, kann man:
    • ein Usability-Testing-Programm einführen
    • dem Team beibringen, wie Usability-Testing durchgeführt wird
    • Journey Maps unter Stakeholdern teilen
    • vertiefte Auseinandersetzung mit Nutzern und Nutzungskontext als Programm starten
    • ein UI-Inventar erstellen
    • Story-Mapping in Agile integrieren
    • Design-Unterschiede untersuchen und beseitigen
  2. Um UX-Gewandtheit zu erreichen, kann man:
    • sekundäre Influencer frühzeitig in Projekte einbinden
    • ein UI-gesteuertes Vokabular erstellen
    • einen Leitfaden für Sprache und Tonalität erstellen
    • Personas auf Feature-Level erstellen
    • LeanUX-Praktiken einführen
    • regelmässige Design-Studios durchführen
    • mini Creative Briefs verwenden
  3. Um UX-Beherrschung zu erlangen, kann man:
    • thematische Roadmaps erstellen
    • eine kundengetriebene Produktstrategie annehmen
    • End-to-End Service Design einführen
    • CX in die UX-Praxis integrieren
    • dem UX-Team den Auftrag geben, sich der Verbesserung des UX-Prozesses zu widmen
    • UX-basierte Positionsbezeichnungen eliminieren

Die folgenden drei Massnahmen erzielen laut Jared Spools Erfahrungen und seinen Recherchen eine sehr grosse Wirkung für Unternehmen, die sich kundenorientierter aufstellen wollen.

Um UX-Kenntnissen zu erhalten:
Vertiefte Auseinandersetzung mit Nutzern und Nutzungskontext
Liefert das Verständnis über die Probleme, mit welchen sich unsere Kunden heute auseinandersetzen.

  • Gut wären regelmässige User-Tests…
  • …besser sind regelmässige Besuche bei Kund:innen vor Ort
  • Empfohlenes Minimum: 2 Stunden alle 6 Wochen
  • Involvieren von Personen aus allen Disziplinen
  • Tip: Die ranghöchste Teilnehmerin / ranghöchster Teilnehmer (PM) soll während dem Test die Emotionskurve der Testpersonen in der Journey-Map festhalten

Um UX-Gewandtheit zu erlangen:
Gemeinsame Vision der Ausprägung der Nutzererlebnisse

  • Liefert Orientierungshilfe bei kritischen Design-Entscheiden

Um UX-Beherrschung zu erlangen:
Kultur des kontinuierlichen Lernens

  • Gewährleistet die Entwicklung von tiefgreifendem Verständnis der Kundenbedürfnisse
  • Warum haben wir versagt? – Das will niemand beantworten.
  • Was haben wir gelernt? – Das beantworten alle gerne
  • Tip: Einführen einer zusätzlichen Daily Standup-Frage:
    Was ist das Wichtigste, was du gelernt hast und wie verändert dies das, was du künftig tust?

Hier die ganze Rede von Jared Spool

Source: Vimeo – Thanks to UX London

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